Ernst Rees: Der Perfektionist

Der Perefektionist ist ein geplagter Mensch. Seine überhöhten realitätswidrigen Ansprüche betreffs Qualität und Aktualität von Materialien und Gebrauchsgütern liegen in steter Fehde mit seinen Mitteln. - Schlimmer: Seine Forderunghen an sich selbst bzgl. Genauigkeit und Verläßlichkeit seiner Arbeit - nur seiner? - treibt ihn laufend in Zeit- und Zugzwang. Das Aufwand - Leistungsverhältnis stimmt oft nicht, schlecht für das eigene Selbstvertrauen.

Der oft gestresste Perfektionist sucht fast zwangsläufig einen Sündenbock zur eigenen Entlastung. In der Regel findet er ihn im familiären oder beruflichen Umfeld. Je nach Macht-, bzw.Ohnmacht-position wird er so entweder zum schwierigen oder gefürchteten Chef -oder - zum kleinlichen, peniblen Rechthaber - oder gar zum belächelten "Düpfleschisser".

Die Pingeligkeit des Perfektionisten wuchert in alle Lebensbereiche hinein als Störfaktor und nicht selten als Auslöser von immer neuen, das "Betriebsklima" vergiftenden Querelen. Der Perfektionist fällt auch oft auf, weil er zu viel Zeit für Drittrangiges und Verzichtbares verschwendet. - Sicher oft auch ein Zeichen für mangende Übersicht über Wertigkeit von Dingen und Aufgaben.

Aber warum nur bleibt der Perfektionist bei seiner ihn selber wie seine Umwelt belastenden Praxis? - Mir scheit, hinter der kräfte-zehrenden Pingligkeit steckt eine neurotische Fehlsteuerung, gründend in schlimmen prägenden Erlebnissen in der Kindheit.

Wo ein Kind z.B. über lange Zeit penetrant kleinlicher, engstirniger wie einfühlungsloser "Fürsorglichkeit" ausgesetzt war (ist), gestrickt aus Rollenunsicherheit in Verbindung mit Selbstwertproblemen der Pflegeperson, da muß die seelische Entwicklung des Kindes Schaden leiden.

Wenn dann noch überhöhte Erwartungshaltung mit schneller Tadel-und Strafsucht auf das Opfer solcher "Erziehungskunst" einwirken, muß das Kind zwangsläufig nach einem Weg suchen, die Demütigungen zu vermeiden. -

Eine der fatalsten Antworten, die ein so bedrängtes Kind finden kann, ist die totale Anpassung! die blinde Übernahme der Normen der "Erzieher."

Dieser Holzweg hat bei Psychologen einen Namen. Sie reden von "Identifikation". D.h. Das Kind übernimmt die Forderungen des "ÜBER-ICH", also die Forderungen seiner Quälgeister als das einzig Richtige! - Es erlebt dadurch Entlastung von Angst, verfehlt aber dafür zeitgerechte Entwicklungsschritte in Richtung "Eigenständige Persönlichkeit"

Der Weg in die neurotische Störung ist geebnet. - Nur wo ein betroffenes Opfer diese Zusammenhänge durchschaut, hat es den ersten Hammerschlag zur Zertrümmerung seines seelischen Gefängnisses getan.