Content-Management-System by www.mediadreams.org and www.dayone.de

Ortsverband Ludwigsburg

Recht und Gesetz?

Anfang März 2007 teilte Baubürgermeister Hans Schmid den Mitgliedern des Gemeinderatsausschusses für Bauen, Technik und Umwelt BTU mit, daß auf dem Campus der Ludwigsburger Innenstadtschulen mindestens 11 große Platanen gefällt und durch junge Linden ersetzt werden sollen. Anlaß ist der für August vorgesehene Baubeginn eines Ersatz-Fachklassentraktes für das Schiller/Mörikegymnasium.

Inzwischen wissen wir, daß es viele gute Gründe gibt, die Platanen nicht zu fällen. Nach Aussage des Ornithologen Professor Claus König stellt die Saatkrähen-Kolonie auf den Bäumen eine kleine Sensation dar, denn zum erstenmal seit 130 Jahren brüten diese besonders geschützten Vögel im Raum Stuttgart, eben gegenüber dem Goethe-Gynmnasium an der Seestraße in Ludwigsburg, auf den zum Fällen vorgesehenen Platanen. Saatkrähen legen ihre Eier jahrelang in dieselben Nester, diese werden im Frühjahr geputzt und wiederbelegt. Ein Fällen der Bäume würde also den Wegzug der Tiere zur Folge haben und wäre damit ein Verstoß gegen die Artenschutzbestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes.

Die Platanen wurden in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts gepflanzt, als die damaligen Stadtväter das sumpfige Gelände der Feuerseequelle - heute noch für das Stadtbad genutzt - auf Anregung des Verschönerungsvereins in eine Erholungsanlage mit winterlicher Eisbahn umgestalteten. Das Rechteck Karlstraße-Solitudestraße-Alleenstraße-Seestraße ist also auch ein wichtiger Teil der historischen Ludwigsburger Innenstadt. Nicht ohne Grund hängt im Flur des Schillergymnasiums das folgende Bild des alten Feuersees.




Die Platanen an der Solitudestraße sollten schon um 1990 als angeblich krank und marode gefällt werden. Pflegemaßnahmen an alten Bäumen kosten mehr Geld als das Fällen - Weshalb ökologisch unbedarfte Menschen oft ganz schnell zur Säge greifen, weil sie nicht wissen (wollen), daß der Wert für die Luftreinhaltung unbezahlbar ist.
Warum keine Bebauungsplanänderung?
Im rechtsgültigen Bebauungsplan „Bahnhof-Schulbereich“ von 1969 für das Gebiet zwischen Solitudestraße und Dragonergäßle liegt das Areal an der Ecke Seestraße/Karlstraße, das für den Ersatzbau des Fachklassentraktes ins Auge gefaßt ist, außerhalb der überbaubaren Flächen. Diese nicht zu bebauenden Flächen sind ausnahmslos gärtnerisch anzulegen, und die vorhandenen Bäume sind zu erhalten. So steht es in den Unterlagen zum Bebauungsplan. Es ist deshalb unverständlich, warum hier nicht genauso wie vor dem Bau der Innenstadtsporthalle ein Bebauungsplanänderungsverfahren in Gang gesetzt worden ist. Es geht um den gleichen Bebauungsplan von 1969 und um die gleiche Festsetzung „Gemeinbedarfsfläche für Schulbedarf“ wie im Hof des Goethe-Gymnasiums.



Ausschnitt aus dem Bebauungsplan von 1969


Im Bebauungsplanänderungsverfahren zum Bau der Innenstadtsporthalle ist 2003 festgelegt worden, daß die den Blockrand bildenden sowie die sonstigen wertvollen Bäume zu erhalten sind. Wenn die Verwaltung also am vorgesehenen Standort für den Fachklassentrakt Schiller-/Mörikegymnasium festhalten will, müßte sie auch an der Seestraße dieses Änderungsverfahren durchführen.
Seitdem im Gemeinderat im Jahr 2005 innerhalb von gerade einmal 14 Tagen der Beschluß über den Ersatz des Fachklassentraktes gefaßt wurde, sind zwei Jahre vergangen, in denen die Stadtämter bei einigem guten Willen hätte handeln können. Damals wurde die Platanenfällung übrigens mit keinem Wort erwähnt.
Weniger zeitaufwendig und sicherer für den Erfolg wäre es aber, einen besseren Standort für den Ersatzbau Fachklassentrakt zu finden. Es gibt dafür mehrere Möglichkeiten. Auch unter dem Gesichtspunkt, daß es unmöglich ist, eine sichere Aufsicht für 2000 Schüler auf einem Schulhof zu gewährleisten, wäre ein die Riesenfläche trennender Bau sehr viel vorausschauender als der Standort an der Ecke Karlstraße.
Bei jenem Beschluß im Jahr 2005 wurde dem Gemeinderat und dem Arbeitskreis Campus Innenstadtschulen „zeitnah“ ein Gesamtkonzept für die Freiflächen versprochen. Auf dem vorgesehenen Standort des Schulersatzbaus befindet sich nämlich eine von Schülern und nachmittags von allen Kindern der Umgebung genutzte Spielfläche.
Was ist mit „zeitnah“ gemeint - Ein Monat, ein Jahr, zwei Jahre, der Sankt-Nimmerleinstag?
Im Sinne eines Gesamtkonzeptes für die Freiflächen des Schulcampus und ebenso im Sinne der Ökologie, des Arten- und Denkmalschutzes und der Stadtgeschichte von Ludwigsburg wäre es richtig, innerhalb der bebaubaren Fläche einen Platz zu finden, z.B. auch dort, wo der heruntergekommene Fachklassentrakt derzeit steht. Ersatzräume für den Unterricht sind auch bei anderen Baumaßnahmen während der Bauzeit bei einigem guten Willen zu finden gewesen, zum Beispiel während des Umbaus der Mehrzweckhalle Eglosheim.
Eine Frage bleibt unbeantwortet: warum wurde für die Innenstadtsporthalle 2003 ein Bebauungsplanänderungsverfahren begonnen, für die ähnlich umfangreiche Baumaßnahme Fachklassentrakt Schiller-/Mörikegymnasium 2005 aber nicht? 2003 war noch Oberbürgermeister Dr. Eichert im Amt, 2005 hieß das Stadtoberhaupt Werner Spec.
Darf eine Stadt ihren eigenen rechtskräftigen Bebauungsplan einfach ignorieren und bauen, wo sie Lust hat?


Aktuell
Aktuelle Termine
Der BUND in Ludwigsburg
   Impressum zum Seitenanfang